Umgangsformen
von Günter ClobesJa, nun aber! Jetzt wird die letzte Bastion des einzigartigen familientauglichen Sportjournalismus geschliffen. Jedenfalls beim Avantgardesender WDR. Denn er legt seinen Sportmitarbeitern eine Selbstverpflichtung vor, die ihnen u.a. das „Duzen von Gästen“ untersagt. Initiiert wurde das Ganze von Monika Piel, Intendantin des Senders, unter dem Motto „Distanz in der Sportberichterstattung“. In dem Papier wird auf die zunehmende Kommerzialisierung des Sports verwiesen, die zusätzliche Anforderungen an die Journalisten stelle. Es dürfe nicht soweit kommen, „dass wir uns mit dem Gegenstand unserer Berichterstattung gemeinmachen“. Unabhängigkeit sei gefragt.
Das alles bedeutet für einige Kollegen schon eine derbe Blutgrätsche, denn viel schlimmer noch und so wörtlich: „Wir als BerichterstatterInnen gehen keine Geschäfte mit Akteuren des Sports ein.“ Und so etwas muss sich ja nicht nur auf Spieler oder Trainer beziehen, oder? Für Wilfried Mohren und Jürgen Emig etwa (remember?) dürfte damit nun ganz endgültig der (Rück-)Weg in den sicheren öffentlich-rechtlichen Hafen versperrt sein. Aber auch für noch Aktive heißt es sich umorientieren. Also, Achtung, Steffen Simon! Sat.1-Vergangenheit vergessen und ab nun auch mal Spiele der Bundesliga richtig schlecht finden, wenn sie einfach schlecht sind – egal wie teuer die Rechte für die Sportschau auch gewesen sein mögen. Manni Breukmann muss sich zwangsläufig auch eine andere als eine nur königsblaue Brille zulegen, einzig Monica Lierhaus – immer schon sehr affig, aber korrekt („Joachim, was sagen Sie zu Phillip Lahm?“) – kann zumindest reportermäßig so bleiben wie sie ist. Nur gut, dass Waldi („Scholli, was ist denn los beim FCB?“) Hartmann seine Brötchen nicht beim WDR verdient. Oder höre ich da etwa viele eher „Schade, schade“ murmeln?
Oliver Fritsch schrieb am 27. Februar 2008:
Na, ich bin gespannt, was diese „Qualitätsoffensive“ bringt. Die Netzeitung berichtet übrigens darüber:
http://www.netzeitung.de/medien/913477.html
riovermelho schrieb am 27. Februar 2008:
Gerade die Berichterstattung im WDR ist, verglichen mit den privaten Sendern, hochwertig und eben nicht zu vertraulich. Egal ob geduzt oder gesiezt wird. Wenn man sich privat duzt, warum sollt wenn man sich vor der Kamera dann siezen?
gclobes schrieb am 27. Februar 2008:
nach meiner meinung ist das duzen das geringste übel und steht nur als synonym für ein marodes system von klüngelei und distanzlosigkeit. für mich viel wichtiger ist das verhältnis zum eigenen produkt – und natürlich zu den bedingungen, unter denen es zustande kommt. dass da journalistische maßstäbe anzulegen sind und nicht ökonomische, private o.ä., steht wohl außer frage. ob die sportschau da immer so außergewöhnlich ist, wage ich doch sehr zu bezweifeln (auch wenn ich sie im verhältnis zu anderen denkbaren und schon erlebten möglichkeiten nicht missen möchte).
arkadenfeuer schrieb am 27. Februar 2008:
auch, wenn es bei der kumpanei zwischen aktiven, funktionären und teilen der journaille schlimmeres gibt als gegenseitiges duzen, empfinde ich das dennoch als eine sehr okaye und sympathische maßnahme, die geeignet ist, vertrauensbildend zu wirken. also mir als sportkonsument gegenüber jedenfalls. und auch, wenn „waldi“ „hartmann“ davon leider nicht direkt betroffen ist, darf man doch zumindest einen funken hoffnung haben, daß so etwas auch über den einflußbereich des wdr hinaus wirkung entfaltet und dann gern auch andere, substanziellere aspekte der problematik betreffen möge.
Juwie schrieb am 27. Februar 2008:
Was soll denn die Spitze gegen Manni Breukmann? Nur weil ein WDR-Reporter mal jenen Lokalkolorit praktiziert, der beim BR – in Form von unkritischer Hingabe zu den Bayern – offenkundig Einstellungsvoraussetzung ist?
Gnopsi schrieb am 28. Februar 2008:
Also, ich kenne einen Schalke-Fan, der findet die Brille von Manni Breukmann nicht königsblau, sondern viel zu bienemajagelb …
riovermelho schrieb am 28. Februar 2008:
also manni breukmann ist defintiv schlacke fan….
Juwie schrieb am 28. Februar 2008:
Ich glaube, Breukmann hat einfach ein Herz für den Fußball aus dem Westen. Sogar wenn er von Leverkusen gespielt wird… 😉
Linksaussen schrieb am 29. Februar 2008:
Breuckmann: „Mir ist der FC Schalke 04 am liebsten. Ich bin aber nicht fanatisch, also auch kein Fan. Ich habe eine Schwäche für die Schalker, aber ich mag auch die anderen Vereine im Revier. Ich bin ein Anhänger des Ruhrgebietsfußballs.“
http://www.welt.de/sport/article1477045/Ich_habe_eine_Schwaeche_fuer_die_Schalker.html
Johnny Flash schrieb am 29. Februar 2008:
Oft verbiegen sich Journalisten, um bloß nicht parteiisch zu erscheinen. Ich finde es besser, man weiß, für wen das Reporterherz schlägt, dann kann man umso eher würdigen, wie gut (trotzdem) seine Berichterstattung ist. Paradebeispiel ist eben Manni Breuckmann.
Manni Breuckmmann zur 4-Minuten-Meistrschaft:
http://www.wdr5.de/sendungen/neugier_genuegt/1002333.phtml
Oliver Fritsch schrieb am 4. März 2008:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/?em_cnt=1297715